Nun ist der Tag X gekommen, an dem es tatsächlich losgeht. Monatelang bereitet man sich darauf auf, aber wenn es dann tatsächlich so weit ist, ist es doch irgendwie unwirklich. Fahre ich wirklich zum Flughafen, um 1 Jahr in der Fremde zu bleiben oder ist es doch, wie schon so oft, für einen dreiwöchigen Urlaub?
Mein Bruder Roman fährt mich mit dem Auto nach Offenburg, um dort in den ICE nach Frankfurt einzusteigen. Aber wie das so ist an so einem besonderesn Morgen, es läuft nicht alles nach Plan und da ich 10 Minuten mit Verabschiedung meiner Eltern und meiner Schwester Claudia sowie dem letzten Zusammenpacken von Dingen vertrödle, fehlen diese am Ende, um den Zug zu erreichen.
Ich habe glücklicherweise genug Puffer eingeplant, so dass mich auch noch der nächste ICE pünktlich zum Flughafen bringen wird. Wir sehen den ICE ohne mich davonfahren und verbringen die einstündige Wartezeit mit einem zweiten Frühstück. Wobei ich von meiner Butterbrezel kaum einen Bissen hinunterbekomme. Ist das etwa ein schlechtes Zeichen für die Reise?
Dann wird es Zeit mich auch von Roman zu verabschieden. Wir werden uns schon Mitte Juni wiedersehen, dann kommt Roman mich in Nordamerika besuchen und wir werden zusammen einen großen Roadtrip machen.
In Mannheim muss ich einmal umsteigen und treffe wie verabredet am Bahnhof meine Zwillinggschwester Judith und ihren Freund Daniel. Wir fahren zusammen nach Frankfurt und verbringen so noch eine Stunde zusammen. Die zwei verabschieden mich vor der Sicherheitskontrolle am Flughafen und verfolgen von der Besucherplattform aus meinen Abflug.
Mit Air Canada geht es für mich dann mit dem Dreamliner erstmal bis nach Calgary und von dort mit einem anderen Flugzeug weiter nach Vancouver. Der Flug verläuft ohne größere Turbulenzen, was mich sehr froh stimmt. Das Flugzeug ist sehr geräumig und da neben mir und meinem Sitznachbar Derek im Mittelgang ein Platz frei ist, können wir uns schön ausbreiten.
Derek stammt aus Toronto und wohnt nun auf Vancouver Island in Victoria. Er ist Spielzeugdesigner und hat eine Menge über Kanada zu erzählen. Dank seinem Job war er auf einer Messe in Nürnberg. Deutschland findet er klasse und super effizient. Dank ihm, habe ich nun auch schon einen Kontakt um gegebenfalls auf Vancouver Island zu arbeiten. Eine Bekannte benötigt auf Ihrer Farm immer mal wieder Unterstützung. Wir haben unsere Emailadressen ausgetauscht und bleiben hoffentlich in Kontakt.
In Calgary trennen sich dann unsere Wege, da er direkt nach Vancouver Island weiterfliegt. Ich habe nur eine knappe Stunde Zeit, um umzusteigen und bin deshalb ganz perplex als der nette Herr bei der Passkontrolle zu mir sagt, dass ich mein Arbeitserlaubnis gleich hier in Calgary holen soll. Auf mein kurzes Zögern und meiner Sorge, dass ich doch garnicht so viel Zeit hätte und auch den Anschlussflug verpassen könnte, meinte er nur, dann könne ich ja mit der nächsten Maschine nach Vancouver fliegen. Soviel schon zum Thema, die Kanadier sind entspannt. Ich versuche das ganze auch gelassen zu nehmen und eile zum Immigration Office.
Die Dame dort ist nicht ganz so mega freundlich, aber da ich nicht anstehen muss, weil dort nicht viel los ist, geht das Prozedere einigermaßen zügig vonstatten. Die ganzen mitgebrachten Unterlagen, wie Versicherungsnachweis sowie Nachweis über meine finanziellen Mittel, will sie garnicht sehen. Ihr reicht, dass ich das ganze mündlich bestätige. So einfach kann´s gehen.
Nachdem ich dann stolz mein Visa in Empfang nehme, marschiere ich im Stechschritt in Richtung nächstes Gate. Dumm nur, dass man in Calgary nochmal durch die Sicherheitskontrolle muss und hier sich bereits eine Schlange gebildet hat. Die Kanadier haben auch hier die Ruhe weg und ich sehe schon meinen Anschlussflieger in Gedanken ohne mich in die Lüfte steigen. Aber dank einer 20-minütigen Verspätung ist dies doch nicht der Fall. Denn genau die Minuten waren nötig, damit ich doch noch rechtzeitig am Gate sein konnte. Und so saß ich eine halbe Stunde später ganz glücklich auf meinem Fensterplatz und beobachtete wie Calgary unter mir langsam kleiner wurde und die Rocky Mountains langsam auftauchten. In Calgary betrug die Außentemperatur ca. minus 24 Grad und alles ist wunderschön mit Schnee bedeckt. Die Rocky Mountains sehen beeindruckend von oben aus und da es ein schöner sonniger Tag war, konnte ich die ganzen anderhalb Stunden Flug die Berge unter mir bestaunen.
In Vancouver angekommen, ging es mit einem Taxi zur von der Agentur gebuchten Unterkunft. Da ich für die allererste Nacht allerdings noch ein anderes Hotel gebucht hatte, stand für mich mit meinem Gepäck noch ein Fußmarsch von knapp 15 Minuten durch das verschneite nächtliche Vancouver an.
Irgendwann ist man dann aber doch froh, endlich am Ort angekommen und sein. Ich habe mir noch kurz eine Kleinigkeit zu trinken besorgt, bevor ich auch schon früh ins Bett ging. Laut kanadischer Zeit noch früh am Abend, aber laut deutscher Zeit mitten in der Nacht.
Die Rocky Mountains von oben ... Banff und der Lake Minnewanka |
Vancouver im Abendicht |
Mittwoch - 08.02.2017 - Vancouver
Geschlafen habe ich leider trotz der Übermüdung nur sehr schlecht. Vielleicht liegts am Jetlag, vielleicht aber auch an der Aufregung, was alles in den nächsten Tagen alles auf mich zukommen wird. Ich bin ab ca. 1 Uhr so gut wie jede Stunde immer wieder ufgewacht.
Die Nacht war irgendwann dann doch vorüber und dann ging es für mich zur Welcome Presentation meiner Agentur vor Ort: work n holiday.
Anstatt wie erwartet dort ca. 10 bis 20 weiteren Work & Travellern zu begegnen, traf ich dort "nur" auf Lisa. Wir zwei sind heute die einzigen, die zur Presentation geladen sind. Eigentlich hatte Zara noch garnicht heute mit uns gerechnet sondern erst morgen. Aber gut, die Kanadier sind ja flexibel und so ging´s mit etwas Verzögerung dann auch los. Wir haben allerhand Infos erhalten und morgen vormittag geht´s dann mit der Job Orientation weiter.
Lisa kommt aus Aachen, hat eine Zwillingsschwester und ebenfalls Industriekauffrau gelernt. Zufälle gibt´s! Sie ist mit ihrem Freund Miles unterwegs und will ca. 6 Monate im Land bleiben.
Wir sind dann auch direkt nach der Presentation zur Besorgung unserer Social Insurance Number (SIN), der kanadischen SIM-Karte fürs Telefon sowie der Eröffung des Bankkontos losgezogen.
Ich habe mein Gepäck dann noch aus dem Barclay Hotel geholt und bin mit meinen Sachen ins Hostel HI Vancouver Central umgezogen. Wir wurden jeweils von unserer Agentur in das gleiche Hostel gebucht und durften die erste Nacht gepflegt im Einzelzimmer in einem Hotel verbringen. Aber nun geht der Ernst des Traveller Lebens wirklich los: Mehrbettzimmer und Gemeinschaftsduschen.
Den Rest des Tages habe ich im Hostel verbracht. Nachmittags zog ein kleiner Schneesturm auf und sich draußen aufzuhalten war eher kein Vergnügen. So konnte ich wenigstens die Zeit nutzen und das ein oder andere online recherchieren beziehungsweise Nachrichten an die Familie zu schreiben.
Donnerstag - 09.02.2017 - Vancouver
Das Frühstück ist bei der Übernachtung im Hostel inklusive und ich war überrascht wie umfangreich das Buffet ist. Es gibt verschiedene Ceralien und neben Toast & Bagels auch noch Muffins und süße Teilchen sowie Obst. Tee, Kaffee und Saft gibt´s natürlich auch dazu.
Frisch gestärkt sind Lisa, Miles und ich anschließend zur Agentur spaziert. Miles ist nicht über die Agentur gemeldet, so dass er sich heute um die Dinge gekümmert hat, die Lisa und ich gestern erledigen konnten. So weiß er wenigstens wo er hin muss.
Zur Job Orientation ist heute Marcel noch zu uns gestoßen. Er ist schon seit ca. 2 Wochen in Vancouver und da er direkt einen Job hatte, war diese Info-Veranstaltung für ihn zu Anfang nicht nötig. Er kommt aus Ibbenbüren und hat uns von seinen ersten Joberfahrungen in Vancouver und der Wohnungssuche berichtet.
Zara hat uns dann noch mit den Infos versorgt, die wir für die Bewerbungsphase gebrauchen können. Wir haben anschließend unsere Lebensläufe nach kanadischem Vorbild erstellt und Zara hat diese korrigiert. Nun sind wir hoffentlich für den kanadischen Arbeitsmarkt gerüstet und können mit den Bewerbungen loslegen.
Ich habe ja immer noch die Hoffnung einen Job in einem der Ski Resorts in Whistler zu ergattern, aber ganz so einfach ist das wohl nicht, habe ich nun gelernt. Ich werde mein Glück aber trotzdem versuchen und wer weiß, vielleicht klappt es ja doch.
Nach der "Büroarbeit" bin ich dann zu meiner ersten kleinen Mini-Sightseeingtour gestartet. Der fiese Regen von heute vormittag hatte endlich aufgehört, so dass es auch wieder Spaß machte, draußen herumzulaufen. Ich bin deshalb zum Canada Place gelaufen - einen Katzensprung von der Agentur entfernt - und habe dort die Aussicht auf das Wasser, Nord-Vancouver und die umliegenden Berge genoßen.
Von dort ging es nach einem kurzen Abstecher im Einkaufszentrum, im Schreibwarenladen und im Supermarkt zurück ins Hostel. Ich habe doch glatt meinen Waschlappen zuhause vergessen und musste mir nun für teure 11 Dollar einen neuen kaufen. Unglaublich wie teuer hier vieles ist und dabei war das der billigste im ganzen Sortiment!
Den restlichen Abend verbringe ich mit einem kurzen Dinner in der Gemeinschaftsküche sowie Internet-Recherchen zur Wohnungs- und Jobsuche und der Erstellung dieses Blog-Posts.
PS @ Marlen: Jetzt weiß ich auch, wo der Orca zu finden ist. Ich bin ganz zufällig an ihm vorbei gelaufen. :)
Canada Place |
Digital Orca beim Convention Centre |
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