Samstag, 13. Mai 2017

Abschied aus Golden

29.04.2017 - Samstag - Golden

So langsam aber sicher rücken die letzten Tage auf der Ranch näher und heute beginnt für mich das letzte Wochenende hier. Ich habe deshalb den Vormittag genutzt den letzten Blog-Post auf den Weg zu bringen und bin danach bei den Büffeln vorbeispaziert. Auf der Wiese gegenüber der Scheune konnte ich Rehe beim Grassen zu schauen - welch Idylle!

Gegen späten Vormittag bin ich gemeinsam mit Leo zu den Büffeln spaziert. Er hat mit dem Loader zwei Heuballen auf die Wiese gebracht und ich habe das Tor aufgemacht. Schon irre wie Leo über die Wiese spazieren kann ohne, dass die Büffel irgendwas unternehmen. Er wollte sich nämlich die kleinen Büffel-Babys genauer anschauen. Anschließend haben wir rund um die Scheune noch ein bisschen aufgeräumt und ich habe ihm gezeigt was ich in seiner Abwesenheit alles gemacht habe. Unter anderen sind wir zusammen zur Cabin spaziert und haben uns den neuen Kamin angeschaut. Ok, das war nicht mein Werk, sondern das von Matt.

Vormittags auf der Ranch

Trailer und Red Chief Mountain
Leo hat es später doch glatt hinbekommen eines der Autos zu starten. Er hat dafür die Batterie aufgeladen und ist damit zur Scheune gefahren. Im Workshop hat er auch nach dem Rechten geschaut und ich habe ihm die Geschichte mit Chester´s Herz gebeichtet. Er nahm das erstaunlich gelassen, nur ich bin wieder in Tränen ausgebrochen - na Bravo!

Immerhin konnte er mich damit trösten, dass sein Ursprungsplan nicht das Präperieren des Herzens war sondern er wollte es auf der Wiese beim Tipi begraben. Mit der Lösung das Herz an die Vögel zu verfüttern war er mehr als einverstanden - alles ist besser als in den Müll zu schmeißen. Da fiel mir doch ein Stein vom Herzen.

Vom Frühjahrsputz im Guesthouse war Leo sehr begeistert und ebenso dass ich die Zäune für´s Anstreichen vorbereitet habe. Die nächsten Helfer können sich dann um´s restliche Moos und die Farbe kümmern, wenn im Mai die Tage wärmer und nicht mehr so nass werden.

Zum allerersten Mal überhaupt habe ich dann mit Leo auf der Ranch gemeinsam gegessen. Wir haben unseren Lunch in der Küche vorbereitet und da so schönes Wetter war, haben wir uns zusammen vor seine Cabin gesetzt. Ich habe von seinen Büffel-Burgern eine Bulette abgekommen und zum ersten mal Büffelfleisch von Leo´s eigenen Büffeln gegessen - sehr, sehr lecker kann ich dazu nur sagen. 😋

Dass wir zusammen die Pause verbracht haben, fand ich sehr schön. Wir haben uns über seine Reise nach Deutschland, Italien, Portugal, UK und Tschechien unterhalten. So lässt es sich aushalten. 😊

Leo hat mir anschließend beim Housekeeping für die Cabin geholfen und so waren wir schnell mit der Arbeit fertig und die Cabin ist bereit für die neuen Gäste. Ich habe deshalb meine freie Zeit nochmal genutzt einen Spaziergang zu unternehmen. Es ist schon seltsam, da war ich so lange alleine und nun ist wieder jemand da, mit dem man sich unterhalten und Dinge gemeinsam erledigen kann und schwups braucht man doch wieder ein bisschen Zeit für sich.

Abends bin ich mit Leo zur katholischen Vorabendmesse nach Golden gefahren. Wir beide durften aus Ermangelung an Ministranten auch noch bei der Gabenbereitung helfen. Leo hatte sich vor der Messe mit Pfarrer Joseph unterhalten und ich wurde deshalb auch persönlich begrüßt. Die Gemeinde ist sehr klein und so kennt jeder jeden und alle unterhalten sich vor der Messe in der Kirche miteinander. Das kenne ich von daheim so auch nicht gerade. Erinnerte mich irgendwie ein bisschen an die Messe, die ich zusammen mit Bernadette in New York besucht habe. Die Messe in Golden fand in einer ziemlich modernen Kirche statt - das ist eine ganze andere Atmosphäre als in einer Kirche daheim in Deutschland. Leo hat mir hinterher auch erzählt, dass er sich heute etwas ärmlich vorkam nachdem er in den letzten Wochen in so vielen großen, alten und prachtvollen Kirchen in Europa zu Besuch war.

Anschließend sind Leo und ich noch zum Supermarkt gelaufen und haben unsere Lebensmittel für die nächsten Tage eingekauft. Mit dem Taxi ging´s dann wieder zurück. Leo hatte ungern einen seiner Freunde am Samstag Abend ansprechen wollen, da keiner davon in die katholische Kirche geht und vielleicht auch andere Dinge für den Abend geplant hatte als Chaffeur zu spielen.

Ich habe dann abends noch Wäsche gewaschen, damit ich meinen Rucksack mit frischgewaschenen Sachen am Montag packen kann. Zum Abendessen gab´s dann Eiscreme anstatt einem vernünftigen Essen. Naja, ab und an kann man sich das ja gönnen.



30.04.2017 - Sonntag - Golden

Meinen morgendlichen Spaziergang zu den Büffeln hätte ich mir eigentlich sparen können, weil die lieben Viecher sich mal wieder in Richtung Tor zur unteren Wiese aufgemacht haben. Damit hatte ich nun nicht gerechnet nachdem sie gestern doch so viel frisches Heu bekommen haben. Aber die Büffel haben halt ihren eigenen Kopf - da kann man nichts machen.

Leo kam dann gegen späten Vormittag auf mich zu und meinte, dass ein Teil der Büffel ausgebüxt wäre. Ich konnte es ja kaum glauben! Da ist er über 5 Wochen weg und ich befrüchte schon die ganze Zeit, dass das passiert wenn er weg ist und nun passiert es ausgerechnet an dem zweiten Tag, an dem er wieder zurück ist. Leo wollte eigentlich nur nach den Büffel-Babys sehen nachdem er gesehen hatte, dass alle beim Tor herumstehen. Als er näher kam, sah er dann dass sich die Hälfte schon auf und davon in den Wald gemacht hatte. Er konnte die andere Hälfte dann mit Klatschen und Rufen dazu motivieren sich in seine Richtung aufzumachen und so folgten die ausgebüxten Tiere ebenfalls und machten sich wieder auf den Rückweg.

Die Büffel bleiben lieber als Herde zusammen. Leo meinte, wenn er ein paar Minuten später dort gewesen wäre, wären vielleicht schon alle durch den Zaun marschiert. Da er aber die Hälfte motivieren konnte zu bleiben, sind die anderen von alleine wieder umgedreht. Nun haben wir eine neue Aufgabe für den Sonntag: Zäune flicken!

Bis es soweit war und Leo alle Materialien auf der Ranch dafür eingesammelt hatte, habe ich weiter das Moos auf den Zäunen entfernt. Leo hat derweil die Büffel auf ihre geliebte untere Wiese gelassen. Sie zurück zur Scheune zu bewegen, hätte er ohne Hafer-Snack und nach der Aktion nicht geschafft und so sind die Büffel halt früher runter als geplant. Die Wiese ist mittlerweile schon gut grün und so sollte genug zum Fressen da sein.

Mit Leo habe dann gegen Mittag den Elektrozaun geflickt. Wir haben uns auch noch andere Teile des Zauns angeschaut und diese verstärkt. Das war eine schöne Aufgabe, aber Leo meinte, dass da noch viel Arbeit auf ihn zukommt, denn es gibt noch einiges auszubessern, aber dafür benötigt er unter anderm neue Pfähle und schwere Maschinen.

Den freien Nachmittag habe ich genutzt, um nochmal zum Fluß runterzulaufen und natürlich neugrierig den Büffeln auf die untere Wiese zu folgen. Ich habe sie bisher dort unten noch nie gesehen. Ganz am Anfang meines Aufenthalts waren sie auch noch unten auf der Wiese, aber da war alles so tief eingeschneit, dass da kein so rechtes Durchkommen ohne Schneeschuhe war.

Ich habe die Ruhe am Fluß nochmal genoßen und an meinen Spaziergang hier runter mit Tanja & Romina gedacht. Es ist seit dem noch grüner auf den Wiesen geworden und längst nicht mehr so matschig und nass.

River Trail

Büffel auf der unteren Wiese

Blaeberry River
Abends hat mich dann Lish mit Darcy & Keara zum BBQ bei Pete abgeholt. Eigentlich wollte mich Matt abholen, aber der war noch mit den Schlittenhunden zugange, so dass er dafür noch keine Zeit hatte. Auf dem Weg zu Pete haben wir noch Deagon bei der Schule eingesammelt. Er war mit einer Gruppe zum Mountainbike fahren unterwegs. Nun waren wir komplett und es konnte losgehen.

Pete wohnt im Süden von Golden und hat Lish´s Family, Matt und mich zum Grillen bei sich zuhause eingeladen. Seine Frau Julie ist momentan in England bei ihrer Mutter und somit ist er Strohwitwer. Pete kommt eigentlich aus Nordirland, hat aber als Kind und Jugendlicher schon viel Zeit in Kanada verbracht. Danach hat er lange in der Nähe von London gewohnt und dort auch Julie kennengelernt. Julie musste wegen ihrer Aufenthaltsgenehmigung zurück nach UK und momentan wissen beide noch garnicht wann sie wieder zurück kann.

Pete ist ein richtig feiner Mensch und ich habe mich super gefreut bei ihm eingeladen zu sein. Ich habe ihn bereits beim Easter-BBQ bei Lish kennengelernt. Sein Haus auf dem Hügel ist zauberhaft. Da würde ich sofort einziehen! Er hat mir auch von seinem beruflichen Werdegang berichtet - sehr spannend, was er bisher alles gemacht hat. Er und Julie sind Fotografen und er möchte in Golden & den umliegenden Nationalparks Fototouren für Profis und Hobby-Fotografen anbieten - dafür gibt es garantiert eine große Nachfrage.

Für meinen letzten Abend in Golden hätte ich mir nichts schöneres wünschen können: wunderbare Menschen um mich herum und natürlich auch Loki (Pete´s Husky), lecker Burger vom Grill und später noch ein Lagerfeuer zum Aufwärmen. Golden Moments in Golden! 💛

Loki hat gegen später Stunde alle gut unterhalten. Als sich eine kleine Herde Rehe auf den Wiesen rund um Pete´s Haus aufhielt, dachte der Hund doch glatt uns eine kleine Showeinlage liefern zu müssen. Allerdings ging das etwas nach hinten los ... nicht der Hund vertrieb das Wild sondern eher anders herum! Welch Anblick - unvergesslich: Reh jagt Hund! 😆


Was werde ich das hier alles vermissen, wenn es für mich anderntags weiter nach Banff geht! Wie schön zu wissen, dass ich Ende Mai nochmal für zwei Tage mit Christiana zurückkommen kann. Da fällt der Abschied doch gleich viel leichter. Aufenthalt in Golden: 11 out of 10! 💗💛



01.05.2017 - Montag - Golden - Banff

Bevor es heute vormittag mit der leidigen Aufgabe des Packens losgeht, habe ich noch einen letzten Spaziergang über die Ranch unternommen. Schon komisch, jetzt alles erst hinter sich zu lassen und so gewohnte Dinge wie diesen Spaziergang bald nicht mehr machen zu können.

Das ist das Schwierige auf einer Reise wie dieser - man lernt ständig neue wunderbare Menschen & Orte kennen und muss dann irgendwann schweren Herzens wieder Auf Wiedersehen sagen. Es bleibt nur die Hoffnung, dass man sich irgendwann irgendwo wiedersieht. 😥

Letzer Morgen

Spazierung über die Ranch
Damit ich aber garnicht erst zu traurig werden konnte, ging es erstmal ans Rucksack packen - neben dem Abschied nehmen - das Schlimmste am Reisen. Damit die nächsten Helfer das Loft auch wieder beziehen können, hieß es für mich auch noch Bettbezüge, Laken und Decken waschen, Staub wischen, fegen und alles sauber hinterlassen. Schon komisch, mein geliebstes Loft plötzlich wieder so leer zu sehen.

Nach einem kurzen Lunch bin ich nochmal bei den Büffeln auf der unteren Wiese vorbei. Die Büffel lassen sich freiwillig erstmal nicht wieder zur Scheune bewegen. Da bin ich ja gespannt wie Leo die Viecher die Tage wieder nach oben bewegen will. Als ob sie es nämlich wüssten, halten sie sich in der alleräußerten Ecke der Wiese auf - ganz schön gewieft, Chester Jr.´s Truppe. 😂🐂

Dann hieß es für mich auch Abschied von Leo nehmen. Der Abschied war gottseidank nicht ganz so rührseelig für mich wie befürchtet, da mein Abholkommando schon parat stand und ich erstmal garnicht mehr so traurig sein konnte. Leo hat mir zum Abscheid, sein Buch und zwei CD´s geschenkt und ich darf jederzeit wiederkommen und bei ihm auf der Ranch wohnen.

Anstatt Matt hat mich dann zum wiederholten Mal Lish und ihre Famile abgeholt. Welch Überraschung, dass nicht nur Lish kam sondern die gesamte Grill´s Family: Darcy, Keara und Deagon. Das nenne ich mal eine Verabschiedung! Wie schön ist das denn?! 😊

Die vier haben mich zur Busstation nach Golden gefahren, die sehr unspektakulär am Trans-Canada-Highway neben einer Tankstelle liegt. Ich musste mein Ticket einige Zeit vor der Abfahrt dort abholen und die vier haben die ganze Zeit bis zur Abfahrt mit mir gewartet. Ich bin so froh, sie alle kennengelernt zu haben. Das hat meinen Aufenthalt in Golden wirklich besonders gemacht.

Mit dem Greyhound ging es dann die knapp 2 Stunden von Golden nach Banff. Der Bus war ganz schön voll. Da mein Sitznachbar nicht wirklich gesprächig war, konnte ich meinen Gedanken nachhängen und die ein oder andere Träne verdrücken. 😥

Von der Busstation ging es dann zu Fuß zum Hostel. Dort habe ich erstmal eingecheckt mir meinen mitgenommen Eintopf aufgewärmt. Ein Stück Golden in Banff - wie tröstlich. Nach dem frühen Abendessen bin ich zu Fuß ein bisschen durch das hübsche Städtchen gelaufen. Banff kenne ich noch gut von meinem Aufenthalt hier im Sommer 2014 - verändert hat sich hier nicht allzu viel. So fiel die Orientierung sehr leicht.

An einer Ampel wurde ich doch glatt angesprochen. Julia, ein Mädel aus Deutschland, welches bei mir im Hostel ist und vorher in der Küche war (was ich garnicht richtig mitbekommen habe), wollte wissen, wohin ich denn des Weges wäre. Wir sind zusammen weiterspaziert und ich habe mit ihr an der Bushaltestelle auf ihren Bus gewartet. Sie wollte nämlich zu den Hot Springs fahren, aber da ich auf Baden gehen nicht eingestellt war, konnte ich spontan nicht mitkommen. Wir haben uns aber für anderntags verabredet. Ich bin manchmal wirklich selbst von mir erstaunt, wie einfach ich mit anderen ins Gespräch komme.

Hostel in Banff

Meet the locals Teil 1 - leider nur als Skulptur (bisher)

Fußgängerbrücke mit Blick zum Cascade Mountain

Bow River mit Mount Rundle

Meet the locals Teil 2 - Rehe am Bow River

Banff Avenue mit Cascade Mountain
Ein kleiner Lichtstrahl am Ende eines für mich sehr anstrengenden Tages. Schon komisch, wenn man sich plötzlich in einem Touristenstädtchen wiederfindet und vorher aus der vermeintlichen Einöde kommt (was sie aber defnitiv nicht war, denn die nächsten Nachbarn waren immer um die Ecke).

Es hat mir aber auch mal wieder gezeigt wie einsam man sich fühlen kann, wenn man unter vielen Menschen ist. Ich fand mich abends in einem vollbesetzten 6er-Mädels-Zimmer mit quietschenden Hochbetten wieder und mir war einfach nur zum Heulen. 😥

Dann ist es der richtige Zeitpunkt mir mein Motto wieder vor Augen zu führen. Danke, Judith. 😘

Und plötzlich weißt du: Es ist Zeit, etwas Neues zu beginnen und dem Zauber des Anfangs zu vertrauen.
Meister Eckhart (1260 - 1328), deutscher Theologe und Philosoph

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